BTU-Studierende erforschen und gestalten den Europaspeicher Grünheide
1. Gemeinsam mit Studierenden von der BTU Cottbus setzen Sie ein Praxisprojekt im Europaspeicher Grünheide (Uckermark) um. Was ist das Ziel dieser Kooperation?
Gemeinsam mit dem Verein Arbeit an Europa, Köppler-Türk Architekten und der Initiative Kernzone haben wir am sogenannten Europaspeicher in der Nähe des Oberuckersees gearbeitet – einer alten Feldsteinscheune, die schrittweise zu einem Ort des Denkens und der Begegnung umgestaltet wird.
Mitten in der Landschaft, dort wo man frei denken kann – da liegt Europa. Für die Studierenden war es im Rahmen eines freien Sommerworkshops möglich, mit dem Bau einer kleinen hölzernen Zelle zum Denken und Schlafen handwerkliche Erfahrungen zu sammeln und zugleich über das Verhältnis von Architektur, Rückzug und Zukunft nachzudenken.
2. Was hat Sie dazu bewogen, dieses Praxisprojekt in der Uckermark – und speziell im Europaspeicher – umzusetzen?
Der Impuls kam über den Architekten Jörn Köppler und Simon Strauß, einem der aktiven Mitglieder des Vereins Arbeit an Europa. Daraus ist eine ideelle Verbindung über Generationen und Disziplinen hinweg entstanden – eine seltene Form der Zusammenarbeit, die Wissenschaft, Handwerk und Kultur zusammenführt.
3. Was genau machen die Studierenden vor Ort – entwerfen, bauen, forschen?
Alles zugleich. Architektur ist hier Denken und Tun. Neben dem Bau der Wohnzelle fanden bereits eine Tagung zur „Neuen Ländlichkeit“ statt und es wurden plansche Entwürfe für den Einbau einer Küche und den Servicetrakt des Speichers erstellt. Im besten Fall wird dieser genehmigt, im Detail geplant und dann auch gebaut! Das Zusammentreffen Ende November von Studierenden und Vereinsmitgliedern soll sich mit der Frage der Nachhaltigkeit kritisch auseinandersetzten. Wir werden dazu einen Workshop abhalten.
4. Gab es bisher Überraschungen oder prägende Momente im Projektverlauf?
Natürlich – wer in einer unbeheizten Zelle schläft, erlebt, was „frugales Leben“ heißt. Aber genau das gehört dazu: die Erfahrung der Einfachheit, die Freude an gemeinsamer Arbeit, an der schönen Landschaft, am gemeinsamen Essen. Solche Orte bieten Raum für Fragen, die im Hochschulalltag oft zu kurz kommen. Die Architekturtheorie begleitet die Praxis kritisch, stellt unliebe Fragen – und das gelingt hier besser als in den Zwängen der Universität.
5. Welche ungenutzten Potenziale siehst du in der Uckermark für künftige kreative oder soziale Projekte?
Die Uckermark – wie auch die Lausitz und Cottbus, wo die btu verortet ist – bietet Raum für neue Erzählungen. Nicht nostalgisch, nicht rein technikgläubig, sondern als Labor für positive Dezentralität: jenseits von Grenzen und Grenzdenken, von der Chance der Nähe zum Boden (ohne Schamröte), dem unmittelbaren der zyklischen Natur – hier kann man eben über das nachdenken, was ein scheinbar fortschrittliches, kapitalisiertes Denken noch immer vorgeben will, während Krieg und ökologische Katastrophe uns einholen. Selten fragen wir, wie das mit unserem eigenen Leben und Lebenswandel zusammenhängt. Diese Fragen interessieren mich und man kann ihnen dort begegnen, wo man nicht die letzten Trends vorfindet, sondern Reibeflächen und Zeit, Zeit mit gleichgesinnten Menschen.